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Friedrich Bullinger vertritt klassische liberale Position wie Bürokratie-Abbau und wehrt sich gegen „ideologische Zweckentfremdung von Fördermitteln“. Er gilt als Vordenker der agrarpolitischen FDP-Agenda im Bundestagswahlkampf 2017.  

Die Direktzahlung an die Landwirte werden immer lauter in Frage gestellt: Wie halten Sie es mit dem „Zwei-Säulen-System“ der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik?

Friedrich Bullinger: Die landwirtschaftlichen Unternehmer haben wegen verschiedener Witterungsereignisse und Preiskrisen einige schwere Jahre durchlebt und brauchen jetzt eine Phase der Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Wir Freien Demokraten wollen daher das Zwei-Säulen-System in seiner bisherigen Gewichtung über das Jahr 2020 hinaus fortführen. Wir stehen weiterhin ausdrücklich für starke Direktzahlungen ein. Eine Umschichtung in die zweite Säule bietet zu viel Spielraum für die ideologische Zweckentfremdung von Fördermitteln, auf welche die Landwirte auf absehbare Zeit angewiesen sind.

Friedrich Bullinger

FDP-Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg

Friedrich Bullinger ist promovierter Agrarwissenschaftler und FDP-Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg. Aus agrarpolitischer Perspektive kommt für ihn eine Koalition mit den Grünen nicht in Frage.

Sollen die „ersten Hektare“, und damit kleinere und mittlere Betriebe, stärker gefördert werden?

Bullinger: Einer Besserstellung der ersten Hektare stehe ich als Baden-Württemberger grundsätzlich offener gegenüber als meine norddeutschen FDP-Kollegen. Noch wichtiger ist mir aber ein Bürokratieabbau in der Gemeinsamen Agrarpolitik. Das Greening muss praktikabler und rechtssicherer umgesetzt werden. Die Vorgaben für die verschiedenen Streifenelemente gehören vereinheitlicht. Zudem müssen wir an die Kontrollvorgaben aus Brüssel heran. Wenn bei der Antragstellung flächenbezogene Angaben bis zur vierten Stelle hinter dem Komma verlangt werden, steht der Kontrollaufwand in keinem Verhältnis mehr zu möglichen Zahlungsabweichungen.

In den ländlichen Räumen leben nicht nur Landwirte, aber alle treibt die Sorge strukturell abgehängt zu werden.

Bullinger: Neben einer guten Verkehrsinfrastruktur ist die Breitbandversorgung die Aorta der ländlichen Räume. Wir wollen daher die Anteile des Bundes an Post und Telekom verkaufen und dieses Geld in den Ausbau leistungsfähiger Glasfasernetze investieren. Hinsichtlich des Flächenverbrauchs wollen wir die Möglichkeit der Ausgleichszahlung der naturschutzrechtlichen Realkompensation gleichstellen. Wir möchten das Konzept eines Handels mit kommunalen Flächenverbrauchsrechten voranbringen, zu dem wir noch in Regierungsverantwortung gemeinsam mit der Union ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht hatten.

Wäre eine Jamaika-Koalition für Sie als liberaler Agrarpolitiker eine Option?  

Bullinger: Kaum! Es mag vereinzelte kleine Berührungspunkte zwischen FDP und Grünen geben, wie bei den Bürgerrechten, in der Agrar- und Forstpolitik sehe ich aber überhaupt keine Schnittmenge. Ich persönlich halte „Jamaika“ insgesamt für eine Scheindebatte, die im Wesentlichen von Journalisten der Tagespresse geführt wird.

Das Interview führte Dietrich Holler, vox viridis, Berlin