Stephan Protschka lehnt Freihandelsabkommen ab, weil diese nach seiner Ansicht den sozialen und wirtschaftlichen Druck auf die heimische Landwirtschaft erhöhen. Der AfD-Bundestagsabgeordnete plädiert für eine an den deutschen und europäischen Bedürfnissen ausgerichtete Produktion.
Agrarpolitiker sind Sie erst seit rund einem halben Jahr. Wie beurteilen Sie die deutsche Agrarstruktur?
Stephan Protschka: Wir müssen nach Regionen und Bundesländern unterscheiden. Bei uns in Bayern schaut das vollkommen anders aus, als beispielsweise in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern. In Bayern gibt es in den Dörfern noch mehr Bauern, die sich die Flächen teilen. Die Landwirte haben großes Interesse an einem guten Miteinander in der Gemeinde und engagieren sich auf vielfältige Weise im Dorf. Wenn wenige sehr große Betriebe über mehrere Gemarkungen wirtschaften, wird es schwieriger, die von uns gewünschten sozialen und ökonomischen Strukturen zu fördern.
Stephan Protschka
Familienunternehmen fördern: Stephan Protschka plädiert für eine vielfältige Struktur der Landwirtschaft. Darauf möchte der Abgeordnete aus Niederbayern öffentliche Fördergelder konzentrieren.
Ihre Fraktion sieht die EU sehr kritisch. Wie weit ist die Gemeinsame Agrarpolitik für Sie ein Zukunftsmodell?
Protschka: Die Gemeinsame Agrarpolitik mit den zahlreichen Förderinstrumenten ist sicher nicht die perfekte Lösung. Ideal wäre es, wenn die Landwirte mit ihren Erzeugnissen genug verdienen würden, um davon leben zu können. Hier wäre grundsätzlich auch die Kaufbereitschaft der Verbraucher kritisch zu hinterfragen. Wenn die Verbraucher für hochwertig bei uns produzierte Lebensmittel tiefer in die Tasche greifen würden, dann hätten wir eine solche Diskussion wahrscheinlich nicht. Fakt ist, dass wir in einer globalisierten Welt ohne eine Gemeinsame Agrarpolitik mit unseren Produktionsbedingungen unter den jetzigen Bedingungen wahrscheinlich nicht konkurrenzfähig wären und Fördergelder daher für die Landwirte essentiell wichtig sind und bleiben.
Sie reden ja selbst von einem Idealfall.
Protschka: Grundsätzlich ist die Aufgabe unserer Landwirte, die deutsche Bevölkerung ernähren zu können. Aber sie stehen in einem internationalen Konkurrenzkampf, der sie von Subventionen abhängig macht. Ich komme aus Niederbayern und dort gibt es viele Gemüseanbauer, die selbstverständlich den deutschen Mindestlohn zahlen. Im Nachbarland Tschechien gibt es ebenfalls einen Mindestlohn, doch der ist sehr viel geringer. Das sehen Sie dem Produkt und seinem Preis im Laden nicht an. In Freihandelsabkommen mit Regionen außerhalb der EU würde sich die Situation für alle europäischen Landwirte verschärfen, weil woanders noch billiger produziert wird. Das kann es doch nicht sein.
Sie beschreiben das Problem, aber nicht dessen Lösung.
Protschka: Alles der Reihe nach: Erst müssten in einem Europa der Vaterländer die steuerlichen, ökonomischen und rechtlichen Kriterien für die Landwirtschaft tatsächlich und nicht nur scheinbar angeglichen werden. Das Beispiel der weit auseinander klaffenden Mindestlöhne zeigt, was schief läuft. Eine reine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ohne politische Union reicht aus. In einem zweiten Schritt müssen wir uns bei den Agrarimporten auf das konzentrieren, was wir nicht selbst erzeugen können. Das wäre zwar für unsere Agrarexporte wenig hilfreich, aber die Konzentration auf heimische Märkte kann das ausgleichen.
Und dort wird mehr Tierwohl gefordert.
Protschka: Das Tierwohl-Label kostet Geld und bringt gar nichts. Derzeit gibt es etliche private Tierwohl-Label auf dem Markt. Warum jetzt noch ein freiwilliges staatliches Label eingeführt werden soll, erschließt sich mir nicht. Im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft wurde mir bescheinigt, dass die Bundesregierung auch gar nicht weiß wie sie die Vorgaben kontrollieren will. Abgesehen davon, dass die Finanzierung alles andere als geklärt ist. Inwiefern Bauern sich an diesem Label beteiligen werden, müssen wir sehen. Aber ich bin skeptisch, da den Landwirten in keiner Weise finanzielle Planungssicherheit garantiert werden kann. Wenn man alleine bedenkt, dass Frau Klöckner 70 Millionen Euro allein für Marketingmaßnahmen ausgeben will, dann bekommt man nicht gerade den Eindruck, dass es sich hier um ein ökonomisch effizientes Instrument handelt.
"Das Tierwohl-Label kostet Geld und bringt gar nichts."
Das Thema würde ich dem Markt überlassen – die Privatwirtschaft, sprich der Einzelhandel ist doch schon viel weiter. Die Initiative Tierwohl beispielsweise ist doch der beste Beweis dafür. Obendrein gibt es in Deutschland ausreichend Gesetze für den Tierschutz. Deren Einhaltung muss noch besser kontrolliert werden. Dann sind Tierwohl-Labels überflüssig. Dem Verbraucher sollte nicht suggeriert werden, dass konventionell produziertes Fleisch nicht auch strengen Tierwohl-Auflagen unterliegt.
Das Gespräch führte Dietrich Holler, vox viridis, Berlin